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Ein Interview über Nachhaltigkeit und Social Media mit klima&so
Nicole : 06.02.2024 15:00:00
klima&so im Interview:
Der Klimafußabdruck von Social Media und wie wir alle Verantwortung übernehmen können. Das Berliner Start-up, bestehend aus Jean-Paul Laue und Patrick Schnitzler, setzt sich aktiv für mehr Umweltbewusstsein ein und unterstützt Werbetreibende und Creator:innen auf dem Weg zu klimaneutralem Social-Media-Content. Ihr geheimer Masterplan: Von Social Media zu Social Change.
Ihr beide setzt euch mit klima&so für klimaneutralen Content auf Social Media ein. Wie kam es dazu?
Als der NFT-Hype seinen Peak erreichte, wurde in der Öffentlichkeit viel über die Anwendbarkeit und den Ressourcenverbrauch der Technologie geschrieben. Wir wollten ursprünglich NFTs nutzen, um Klimaschutz zu fördern, haben aber dann gemerkt: Shit, das ist die Nische in der Nische und viel zu klein, um richtig Impact zu haben. Irgendwann saßen wir in der Küche und erkannten, „NFT Creators sind wie Content Creators. Sie erstellen digitale Produkte, ähnlich wie es auch ein TikTok-Video oder eine IG-Story ist“. Das war so der erste Durchbruch in der Ideenfindung, als wir überlegten: wie fett wäre der Impact, wenn Drake announcen würde: Jeder Stream meiner Songs ist ab jetzt klimaneutral.
Dann haben wir angefangen zu recherchieren, wie viel Emissionen durch Social Media Accounts und Kampagnen verursacht werden.
Wie groß ist der Impact durch Social Media und das Influencer Marketing auf die Umwelt denn wirklich?
Sehr groß. Das muss man so klar sagen, weil es bisher von jeder Person maßlos unterschätzt wurde. Wir haben mit einer Creatorin die Emissionen eines ihrer TikTok-Videos berechnet und mussten feststellen: anstatt das Video zu posten, hätte sie 45x zwischen Frankfurt und New York City hin- und herfliegen können. Umgerechnet wurden 39 t CO₂e verursacht.
Ein Creator mit rund 900k Views pro TikTok-Video hat bei 10–12 Videos/Monat einen CO₂e-Fußabdruck, der 14x höher ist, als der eines durchschnittlichen Deutschen. Alleine durch seine Creator-Tätigkeit und die damit einhergehende Reichweite.
Welche negativen Faktoren oder Verhaltensweisen beeinflussen die CO₂-Emissionen so drastisch?
Ganzheitlich betrachtet ist es die Reichweite, die die Emissionen in die Höhe katapultiert. Und dann verursacht ein Video natürlich mehr als ein Tweet, weil die Upload-Datei so viel größer ist.
Mit klima&so berechnen wir die Emissionen der gesamten „Contentlieferkette” – ab dem Moment des Uploads. Ein Content Piece wird auf die Server und Infrastruktur der Plattform hochgeladen. Bei einem Abruf wird das Datenpaket über Netzwerke an die ganzen Endgeräte gespielt.
Damit das überhaupt möglich ist, müssen Server hergestellt werden, gekühlt und betrieben werden, Netzwerke betrieben und Endgeräte hergestellt und geladen werden. All die daraus entstandenen Emissionen werden dann auf die einzelnen Content-Pieces heruntergerechnet. So entstehen dann Ergebnisse wie: ein virales TikTok-Video gleich 39 t CO₂e.
Sollte man also nun gar kein TikTok und Co. mehr nutzen? Und welche Lösungsvorschläge habt ihr für das Problem?
Wir sollten bei „Nachhaltigkeit“ unseren Perfektionismus ablegen – der bremst uns so oft. Klar, nichts posten ist das Beste. Aber das ist für viele von uns, Brands und Creators, keine Option. Dann stellt sich die Frage: wie erschaffen wir Social-Media-Inhalte, ohne nachhaltigen Schaden zu hinterlassen. Und dafür haben wir klima&so gegründet. Wir berechnen die entstandenen Emissionen von Accounts und Kampagnen, helfen bei der Reduktion der vermeidbaren Emissionen und kompensieren (=Emissionsmenge wird der Atmosphäre durch die Finanzierung von Klimaschutzprojekten an anderer Stelle entzogen) eben solche, die nicht vermieden werden können.
Das ist nicht perfekt. Aber perfekt ist auch ein unmöglicher Zustand in einer nicht-perfekten Welt. Deshalb ermöglichen wir Brands und Creators den Schaden zu neutralisieren und durch die Kommunikation dessen, für mehr Awareness in der Gesellschaft zu sorgen. Denn das ist der große Hebel, den Brands und Creators haben – Menschen hören ihnen zu. Und das können sie nutzen, um unsere Gesellschaft positiv zu beeinflussen - ein echter Impact.
Ihr habt ein eigenes Label für Social Media herausgebracht. Was sagt das aus und wie erhalte ich dieses als Brand oder Creator:in?
Genau. Wer mit uns arbeitet, kriegt ein individuelles Label gestellt, was ganz einfach in Content-Pieces eingearbeitet werden kann. Das Label beinhaltet eine URL, mit der Communitys nachprüfen können, was an Emissionen durch den Content entstanden ist und wie - nachweislich und transparent - Verantwortung übernommen wurde. Auf dem Label steht geschrieben “Climate Neutral Posting”.
Natürlich ist Kund:innen überlassen, ob sie die eigene Initiative zum Klimaschutz kommunizieren möchten oder nicht. Wir bieten an, ganze Accounts dauerhaft oder einzelne Social Media Kampagnen klimaneutral zu stellen.
Inzwischen arbeiten wir eng und partnerschaftlich mit IROIN® zusammen, um auch Agenturen und Brands, die IROIN® nutzen, unseren Service so einfach wie möglich zugänglich zu machen. Dazu gibt es bereits einen Button bei der Kampagnen-Planung, mit dem die Emissionsdaten zu einer geplanten Kampagne angefragt werden können.
Was kann ich ganz persönlich als Social-Media-User:in tun, um meinen CO₂-Fußabdruck zu verringern?
Auch hier radikale Ehrlichkeit: sehr wenig. Wie oben beschrieben: Die „Contentlieferkette“ läuft, so oder so. Server, Netzwerke, Endgeräte – alles läuft und verursacht Emissionen, wenn ich konsumiere. Klar, man kann mit den energieeffizientesten Geräten Social-Media-Content konsumieren, Farben ausschalten und die Bildschirmhelligkeit des Endgeräts minimieren. Aber der Effekt auf die Summe der Emissionen durch Social-Media-Content ist sehr gering. Und das zeigt auch eins der großen Probleme bei der Transformation: Wir können nicht alles durch Konsumentscheidungen steuern. Deshalb sind hier auch gesetzgebende Institutionen, aber auch Profiteure wie Plattformen, Brands und Creators gefragt, Verantwortung zu übernehmen. In der Zwischenzeit bieten wir eine verlässliche Lösung für klimaneutralen Social-Media-Content und engagieren uns in Verbänden, um erstgenannte Institutionen entscheidungsfähiger zu machen.
Das ist klima&so
Das Unternehmen klima&so bietet eine Möglichkeit, Social-Media-Accounts oder einzelne Kampagnen auf allen gängigen Plattformen klimaneutral zu schalten. Dies geschieht in drei einfachen Schritten:
1. Berechnung:
In einem ersten Schritt erfolgt die Berechnung der verursachten Emissionen von gesamten Accounts oder einzelnen Kampagnen mithilfe des eigens entwickelten Emissions-Modells von klima&so.
2. Reduktion & Kompensation:
Reduktion des Klimafußabdrucks und Ausgleichen der unvermeidbaren Emissionen durch die Finanzierung von wissenschaftlich kuratierten Kompensationsprojekten.
3. Kommunikation:
Sichtbarmachung der geleisteten Kompensation durch klima&so-Assets in den eigenen Accounts oder Kampagnen.
Das Angebot von klima&so richtet sich an Agenturen, die befähigt werden, klimaneutrale Kampagnen zu planen und umzusetzen, sowie Brands und Creators, die Verantwortung und Leadership übernehmen möchten.
Seit Mitte 2023 arbeitet klima&so mit der IROIN® Influencer Marketing Suite zusammen, damit Kund:innen Zugriff auf Nachhaltigkeitsdaten erhalten und klimaneutrale Kampagnen planen und umsetzen können. Hier erfährst du mehr über unsere Partnerschaft.
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